Aus der Pressemeldung des Verlages Ferdinand Schöningh vom 11.09.2014
Die SS-Forschungsgemeinschaft „Das Ahnenerbe e.V.“, wurde 1935 als zunächst private Einrichtung durch Heinrich Himmlers gegründet. Sie sollte die oft skurrilen Ansichten und Vermutungen Himmlers wissenschaftlich untermauern.
Da Forschungen über Tibet, Wünschelruten oder Wikingerstädte nicht kriegswichtig waren, verlagerte der Reichsgeschäftsführer Wolfram Sievers den Forschungsschwerpunkt auf Wehrwissenschaften. Der Verlagskaufmann leitete das 1942 gegründete „Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung“ im „Ahnenerbe“ persönlich.
Dort koordinierte er vergleichsweise banale Forschungen, wie die Züchtung winterharter Kleinpferde für die Ostfront ebenso, wie die Sammlung von Festungsplänen aus den Seealpen. Sievers verantwortete jedoch die berüchtigten Versuche an Häftlingen in Konzentrationslagern, beispielsweise im KZ Natzweiler-Struthof im Elsass.
Nachdem die Alliierten Sievers an seinem Dienstsitz in Waischenfeld/Ofr. verhaftet hatten, wurde er im Nürnberger Ärzteprozess für die unter seine Verantwortung begangenen Medizinverbrechen zum Tode verurteilt. Jedoch blieb – mit Ausnahme einiger bekannter Verbrechen – das Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung nach Kriegsende im Dunkeln.
Julien Reitzenstein legt nun nach intensiver Quellenrecherche die erste Gesamtdarstellung des „Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung“ im „Ahnenerbe“ vor. Nahezu ausschließlich auf der Grundlage von Originaldokumenten aus Archiven aus aller Welt rekonstruiert der Autor nicht nur chronologisch die Arbeit aller, teils auch bisher unbekannter Abteilungen des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung.
Er bringt ein Fülle neuer, bislang unbekannter Erkenntnisse ans Licht: So kann er die biographischen Daten aller Häftlinge rekonstruieren, die an den unmenschlichen Kampfstoffversuchen im KZ Natzweiler teilnehmen mussten – und auch die drei Todesopfer ermitteln. Anhand vieler bisher unbekannter Quellenbeweise kann erstmals nicht nur der genaue Ablauf dieser Versuche rekonstruiert werden, sondern auch die wissenschaftliche Zielsetzung. Dabei gelingt es, die Zusammenhänge mit Medizinversuchen anderer Forscher zu belegen, so bisherige Verwechselungen aufzuklären und damit weitere Medizinverbrecher namhaft zu machen.
Auch kann Reitzenstein nachweisen, dass das Institut an der Entwicklung von B- und C-Waffen beteiligt war, ebenso wie an der Aneignung von Immobilien teils prominenter jüdischer Vorbesitzer. Dabei deckt er auch die Geschichte einer Liegenschaft und ihres ermordeten jüdischen Vorbesitzers auf, die benachbart zum ehemaligen Ahnenerbe-Grundstück in Berlin-Dahlem liegt. Auf verschlungenen Wegen kam die Villa von den Erben eines NS-Verlegers an die Bundesrepublik Deutschland, die sie heute dem Bundespräsidenten als Dienstvilla zur Verfügung stellt.
Das Buch gibt präzise und teils auch schockierende Einblicke in die Welt der SS-Forscher und ihrer Zielsetzungen, aber auch in die Forschungsbedingungen während der NS-Diktatur. Mit seinem Buch hat Julien Reitzenstein eine wichtige Forschungslücke zum „Ahnenerbe“, dem „Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung“ und den dort begangenen Verbrechen geschlossen.
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Dr. Alexandra Schmidt, Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1-3, D-33098 Paderborn.